Wie gelingen Elterngespräche in der Schule mit kritisierenden Eltern?
Wie wir die Neue Autorität nach Haim Omer / Regina Haller in unsere Elterngespräche im Schulalltag einfliessen lassen können
Macht ein Gespräch Sinn, wenn Eltern und Pädagogen sich gegenseitig die Schuld an den Problemen in die Schuhe schieben?
Sich verstanden fühlende Eltern sind eher bereit, zusammenzuarbeiten und sich unterstützen zu lassen.
Lehrpersonen, deren Engagement geschätzt wird, werden mehr Bereitschaft zeigen, sich den Situationen mit herausforderndem Verhalten anzunehmen.
Die alte Autorität hat ausgedient und auch die antiautoritäre Erziehung hat sich nicht bewährt. Mit alten Methoden auf Kinder und Jugendliche der heutigen Zeit zu reagieren, passt nicht mehr.
Die Neue Autorität bietet Orientierung, Begleitung und Schutz für Eltern und Pädagog*innnen.
Das ist dann leichter gesagt als umgesetzt, wenn sich Eltern über längere Zeit durch immer grösser werdende Probleme belastet fühlen. Praktisch alle Eltern werden bei der Begleitung ihrer Kinder in unterschiedlichem Ausmass mit Gefühlen wie Ohnmacht, Verzweiflung, Trauer, Angst und Wut konfrontiert. Viele Erwachsene haben den Umgang damit nicht lernen können.
Intensive Gefühlsausbrüche der Kinder treffen auf starke Emotionen der Eltern. Dazu entsteht durch familiäre und gesellschaftliche Erwartungen und geforderte Schulleistungen noch zusätzlich Druck. Das alles kann schnell zu einer hochexplosiven Mischung führen.
Dies sind sehr herausfordernde Voraussetzungen für eine ruhige Lösungsfindung.
Auch Lehrpersonen laufen Gefahr zu resignieren, wenn sie in ihren heterogenen Klasse tagtäglich allen Schüler*innen persönlich und fachlich gerecht werden möchten. Auch sie sind mit eigenen Gefühlen konfrontiert. Sie haben z.B. Angst vor dem Versagen, vor Kritik und empfinden es oft als belastend, wenn es den Schüler*innen in ihrer Klasse nicht gut geht.
Die Neue Autorität ist kein starres Konzept. Im Gegenteil, sie ist sehr flexibel einsetzbar und gut kombinierbar mit anderen Ansätzen wie z.B. der gewaltfreien Kommunikation von Marshall B. Rosenberg, dem lösungsorientierten Ansatz von Steve de Shazer und dem Ressourcen-Modell von Maja Storch und Frank Krause. Elemente der Neue Autorität lassen sich einzeln einsetzen und dann weiter ausbauen. Natürlich verstärkt sich die Wirkung, je grösser der Kreis derer wird, die mit dieser Methode arbeiten.
Ich gehe hier auf das Element der Kooperation zwischen der Schule und den Eltern in Bezug auf Elterngespräche ein. Elemente der Neuen Autorität sind diesbezüglich: Vernetzung, Wiedergutmachung, Präsenz, gemeinsame Verantwortung im Kollegium und gegenseitige Unterstützung, positives Schulklima und mögliche Auswirkungen auf Schulentwicklungsprojekte.
Das bekannte, afrikanische Sprichwort:
„Um ein Kind zu erziehen, braucht es ein ganzes Dorf,“
passt vielleicht gerade zu unserer komplexen Zeit. Es steht für Vernetzung und Öffentlichkeit. Bezogen auf Elterngespräche in der Schule, kann das zur gemeinsamen Haltung führen:
„Wir sitzen alle im selben Boot in unterschiedlichen, gleichberechtigten Rollen.“
Wir haben ein gemeinsames Bündnis, um dasselbe Ziel zu erreichen, nämlich:
-
das Wohlergehen
-
die Entwicklung
-
das Lernen des Kindes/Jugendlichen
Ohne dieses Bündnis, nimmt das Kind die Spannung zwischen seinen Eltern und der Schule wahr. Es wird ein Schlupfloch finden, um sich der geschwächten Autorität der Erwachsenen zu entziehen. Das geschieht längerfristig nicht zu seinem Vorteil.
Das Boot kommt dann gut voran, wenn Schule und Eltern in die gleiche Richtung rudern. Sabotieren sie sich gegenseitig, ist das Risiko hoch, Schiffsbruch zu erleiden. Dann ist das Kind in Gefahr unterzugehen.
Wie und wann kommunizieren wir diese neue Haltung?
Die Einladung zum Elterngespräch wird bereits so formuliert, dass diese wohlwollende Haltung zum Ausdruck kommt:
… Wir möchten Sie zu einem Gespräch einladen, um mit ihnen gemeinsam zu überlegen, was wir tun können. Wir wollen ihre Tochter / ihren Sohn unterstützen, damit sie / er weniger Konflikte hat und sich besser auf die Unterrichtsinhalte einlassen kann. …
Die Eröffnung des Gesprächs beginnt mit positiver Ausrichtung, z.B. mit der Betonung des vorhandenen kognitiven Potenzials oder den sozialen Fähigkeiten des Kindes:
«Wir wollen den Schüler, die Schülerin durch unsere gute Zusammenarbeit darin unterstützen, diese umzusetzen. Dafür reden wir heute zusammen darüber, wie wir die Stolpersteine, die noch auf dem Weg liegen, gemeinsam aus dem Weg räumen können.»
Anklagende Eltern sind oft besorgte Eltern. Sie ernst zu nehmen und auf ihre Befürchtungen einzugehen, ist eine gute Voraussetzung für die Zusammenarbeit.
Wir vermitteln den Eltern, dass wir:
- Konflikte angehen, indem wir auf die Darstellung durch ihr Kind/ihren Jugendlichen eingehen
- die Befürchtung der Stigmatisierung ernst nehmen
- auf positives Verhalten und Verbesserungen achten
- empathisch wahrnehmen, dass die Eltern in einer herausfordernden Situation stehen und tun, was ihnen gerade möglich ist. Durch unser Verständnis können sie auch zu Hause entlastet werden.
- die Möglichkeiten klären, welche die unterschiedlichen Rollen mitbringen und besprechen, in welcher Form die Verantwortung wahrgenommen werden kann.
Lösungen sollen in einem Gespräch viel Raum erhalten. Die Probleme werden als Beobachtungen ohne Wertung und möglichst kurz und kompakt geschildert. Es geht darum, dass wir gemeinsame Wege finden, um das problematische Verhalten zu verändern. Das alles soll immer FÜR den/die Schüler*in geschehen, also für die Familie.
Nach dem Gespräch soll auch darüber gesprochen werden, wie die Kommunikation zwischen Eltern und Schule aussehen soll. Die Eltern sollen bei den Gesprächen erfahren, wie es dem Kind/ Jugendlichen in der Schule geht. Dabei ist es wichtig, dass sie nicht nur von Problemen erfahren, sondern auch etwas über die positiven Seiten ihres Kindes hören. Solche Botschaften entspannen die Atmosphäre und lassen das Misstrauen der Eltern schwinden.
Es ist wichtig, dass sich weder Lehrpersonen noch Eltern beschämt fühlen und in die Verteidigungshaltung geraten. Das erspart der Schule Angriffe und Kritik.